BURN OUT - DOPE IN


»Herzlich Willkommen in der Hyperworld«, sagt eine als Stewardess gekleidete Frau und bietet uns zwei verschiedene Substanzen an. So beginnt die Uraufführung des Dokumentarstücks »Burn out - Dope in« des RADAR.Instituts, einer Kooperation des Theaters Kiel und der freien Theatergruppe lunatiks produktion aus Berlin. Diese bieten ihr neues Stück seit dem 06.Mai 2014 nicht wie gewohnt auf einer normalen Theaterbühne an, sondern im Sportzentrum der CAU. Nach der kurzen Matrix-ähnlichen Begrüßung werden wir in einige Details eingewiesen. Wir bekommen für die ersten 20 bis 30 Minuten ein Audiogerät mit Kopfhörern und einen Wegweiser ausgehändigt. Dieser begleitet uns durch mehrere Stationen. Die jeweiligen Stationen sind von den Zuschauertribünen aus zu beobachten. Jede Station erzählt eine Geschichte und passend dazu schauen wir auf die verschiedensten Handlungen. Es beginnt eine Entdeckungsreise in eine noch nie zuvor gesehene Welt. [...] Dieses zweijährige Projekt basiert auf zahlreichen Gesprächen nicht zuletzt mit Profi-Sportlern und Trainern. Es versucht, die Sportwelt in ihren zahlreichen Facetten darzustellen. Vom Anfang der Begeisterung bis zu den eigenen Grenzen und denen des Leistungssportes. Diese werden metaphorisch und schauspielerisch sehr gut umgesetzt. Auch in der bildlichen Umsetzung zeigen die Künstler Kreativität. »Doping heißt, du spielst mit deinen Genen«, ist die Hauptaussage des Stückes. Es fordert auf, uns Gedanken darüber zu machen, ob es sich wirklich lohnt, den eigenen Körper für den Erfolg und den Sport zu manipulieren. Ein außergewöhnliches, verwirrendes, aber dennoch interessantes Stück des Theaters Kiel, welches mit einem bequemen Schuhwerk und vielleicht nicht gerade in einem Abendkleid auf jeden Fall einen Besuch wert ist.
(Bernadett Janik/Der Albrecht, 02.06.2015)

Wir befinden uns in einer nahen Zukunft, wo man sich seinen perfekten Körper zusammenstellen und dann auch kaufen kann. Wir als Besucher des Stückes sind Kunden, oder wie die Inszenierung sagt: Premiumpartner, die das Unternehmen von innen sehen wollen. Das sieht zufälligerweise aus wie das CAU-Sportzentrum. [...] Ein Stück über Leistungssport, es liegt nahe, das im Sportzentrum zu machen. Und das hat man dann auch grandios eingebunden. Drei Stunden dauert die Aufführung, das ist schon sportlich für den einen oder anderen - aber auch absolut kurzweilig. Gerade der eindringliche Teil mit den Geschichten der Sportler, was man dargestellt bekommt, das regt zum Nachdenken an und ist auch ziemlich gut gelöst. [...] Sicherlich ein ganz anderes Theatererlebnis, als man es sonst erlebt, und das man sicher auch nicht so schnell wiederbekommen wird. [...] Wirklich beeindruckend.
(kielpod, 13.05.2014)

Der Chlorgeruch ist echt, der Schweiß ehrlich. Die Schauspieler haben sich mitten unter die aktiven Sportler gemischt. Das Stück ist ein Ausflug in die Welt von morgen. Die Zuschauer werden von roboterartigen Schauspielerinnen in den Kostümen von Hostessen durch das Sportforum getrieben. Zu bestaunen: schöne, durchtrainierte Körper, hochgezüchtet und seelenlos. Der grauenvolle Höhepunkt: eine Organproduktionsstätte für frische Körperteile. [...] Vor allem im mittleren Teil wird deutlich, dass Sport ein positives Erlebnis ist, bis zu dem Moment, wo sich jemand einschaltet und davon profitieren und daran verdienen möchte. Wo dann das schöne Wort Talent missbraucht wird in einer Erwartungshaltung, in einen Druck und der Sport gar nicht mehr gemacht wird, weil er Spaß macht und einen selber befriedigt, sondern weil man andere befriedigt. Deshalb wird in einem klassischen Theaterteil ganz konkret aus Interviews mit Spitzensportlern das Thema Doping aufgegriffen. Tragische Geschichten von Frauen, denen man keine Chance auf einen weiblichen Körper lässt. Oder ehemalige Sportler, die ausgeschlossen und ausgebrannt, ein Leben als Frührentner fristen. Und Trainer und Funktionäre, die alles leugnen. Ein nachdenkliches, zum Teil absurdes Stück mit ungewöhnlicher Spielstätte.
(Uwe von Peinen/sat.1 regional, 27.05.2014)

Grob ist das Stück in drei Teile untergliedert. Der erste Part findet mit Audiogeräten während des normalen Sportbetriebs im großen Forum statt. In diese sogenannte Hyperworld wird man von roboterartigen Stewardessen eingewiesen, die nach dem Audiomonolog auch die weitere Führung durch die Szenarien übernehmen. Die Hyperworld ist eine surreale Welt, in der es möglich ist, Körperelemente zu beliebigen Anlässen zu klonen. Ob man nun schneller oder stärker sein will, alles wäre demnach möglich. Was in der Hyperworld zählt, sind nur einwandfreie Organe, Blut und eine Menge Adrenalin. Ist das alles, was den perfekten Menschen ausmacht? Der zweite Teil, der sogenannte Blick in die Historie, war mein Lieblingspart, da es weg von den Audiogeräten und hinein ins richtige Schauspiel ging. Die Schauspieler des Schauspielhauses waren sehr überzeugend, und das Zusehen hat in dieser besonderen Kulisse wirklich Spaß gemacht und den Kopf auf das gelenkt, was im Leben wirklich zählt. Es folgt im dritten und letzten Teil eine Führung in die Arbeitsprozesse der Mitarbeiter der gegenwärtigen Hyperworld - man kann das Ernten von Organen und das Freisetzen frischen Bluts miterleben - teils sehr verstörende und bizarre Bilder in der Schwimmhalle als Szenerie. Weg vom Frontaltheater, schlüpft man in die Rolle des stillen Beobachters. Die Abschlusszenerie überzeugt durch eine atemberaubende Kulisse mit Turnerinnen, Rollschuhakrobatik und allem Drum und Dran. Wahrlich imposant, was man alles aus ein paar Sporthallen machen kann - Bilder für die Ewigkeit.
(Katrin Burmeister/Kieler Nachrichten - CollegeBlog, 06.06.2014)