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DEMETRIUS [exporting freedom]
Soll man in problematische Länder eingreifen, Freiheit in Diktaturen »exportieren«? Wenn ja: Mit welchen Motiven geschieht dies - und wie soll die zukünftige Gesellschaft aussehen? Solche Überlegungen können rasch auf eine abschüssige Bahn führen. In der ersten Hälfte des zweistündigen Abends wird die Schiller-Story so kompakt wie pointiert von Schauspielern wie Laien dargestellt. [...] Allerdings ändern sich sämtliche Rollen abrupt, nachdem Dimitri gescheitert ist und auch Schillers Dramenkonvolut endet. Da führt das Theaterprojekt in seinem zweiten Teil mitten hinein in das Jahr 2017, in dem wieder ein russischer Herrscher Macht wie Reichtum an sich zieht und Russland zu alter Größe führen will. Und nun gibt es auch in Polen und vielen weiteren Ländern kleine Möchtegern-Zaren. In dieser Weltlage rät ein ausländischer Thinktank den Akteuren mit popkulturellem Touch: »Macht die Revolution sexy!« Zugleich werden workshopartig in freiem Assoziieren Strategien gegen die Tyrannen durchgehechelt. [...] Aber die Vielstimmigkeit und Vielsprachigkeit im Finale dieses so flotten wie interessanten Theaterabends erinnert an die Vielfalt der Kulturen und Länder, für die es eine allgemeingültige Glücksstrategie nicht geben kann. (Heribert Vogt/Rhein-Neckar-Zeitung, 22.06.2017) »Gezi hat mir Hoffnung gegeben und genauso viel Hoffnung genommen«, sagt Serap, während hinter ihr Filmaufnahmen der Proteste in dem Istanbuler Park über die Leinwand flackern - Demonstranten, Tränengas, Feuer, Polizei. Sie sagt auch: »Freiheit ist wie ein Virus.« Es ist eine Art Präludium in den Katakomben des Mannheimer Werkhauses und zugleich einer der eindringlichsten Momente des Theaterprojekts »DEMETRIUS [exporting freedom]«. Das befasst sich mit der Frage, welch ansteckende Kraft dieses Virus entfalten vermag. Oder anders formuliert: Lässt sich »die schöne Freiheit«, von der Schiller den Demetrius in seinem gleichnamigen Dramen-Fragment schwärmen lässt, wirklich »verpflanzen«? [...] Das Studio verwandelt sich in eine strategisches Planspiel-Zentrum, in dem eine Kampagne zum Sturz von Zar Godunow orchestriert wird, während die Bürger allenthalben kommentierend eingreifen. [...] starke Akteure und ein glänzend aufspielendes Ensemble sorgen für einen sehens- und bedenkenswerten Theaterabend. (Martin Vögele/Mannheimer Morgen, 22.06.2017) Bei den Internationalen Schillertagen 2017 kommt »Demetrius«, ein unvollendetes Stück von Schiller auf die Bühne. Es geht dabei um die Frage, kann und soll man einem anderen Land die Freiheit bringen, Demokratie exportieren? Im Mannheimer Stück spielen Menschen mit, die Aufstände und Freiheitsbewegungen und solche Revolutionsbringer selbst erlebt haben. »DEMETRIUS [exporting freedom]« heißt dieses Stück und Annette Lennartz war sehr beeindruckt. [...] Abseits der Bühne erzählen Flüchtlinge von ihren wirklichen Erlebnissen im Freiheitskampf. Zum Beispiel ein Ägypter. er denkt voller Stolz zurück an den Tag, an dem sie aus Protest den Tahirplatz fegten. Nach dem Motto »Clean Egypt«. Und aus der Stadt Homs berichtet ein Syrer, wie aufgeregt er war bei der ersten Demonstration. Dann aber erzählt er, wie eine ausländische NGO ihm fürs Demonstrieren Geld geben wollte und dass der Anführer der Revolte auch bezahlt wurde: »Vorher war er arbeitslos und ein armer Mensch und auf einmal hatte er viel Geld und fuhr ein Auto. Das fand ich komisch.« [...] Eine Politikberaterin erklärt auf der Bühne das ABC eines Bürgeraufstandes; sie bietet einen Workshop für junge Aktivisten an [...] und verrät ihnen auch gleich, welche ausländischen NGOs ihnen dafür Geld geben. [...] Regisseur Tobias Rausch zeigt mit seinem Stück, wie Freiheitskämpfe früher und heute missbraucht werden [...] und zeigt sehr genau, was die Gefahren sind, wie leicht Menschen instrumentalisiert werden können für einen Kampf, bei dem es dann gar nicht mehr um Freiheit geht. Jedenfalls nicht die Freiheit, die sie meinen. (Annette Lennartz/SWR2, 20.06.2017) |