HELP! Oder wie wir einmal fast berühmt wurden


Wer über sich selbst lachen kann, hat's gut. Vom Peinlichkeitsschmerz bleibt so etwas wie ein Mückenstich. Gemeinsam hatten sich die Wiedemer-Schwestern vor 17 Jahren bei einem Gesangsauftritt im Hamburger Volksparkstadion mit dem Titel »Help!« blamiert, wurden von 30 000 Zuschauern ausgebuht. Jetzt treten sie erstmals wieder gemeinsam auf. Das geschieht in »HELP! Oder wie wir einmal fast berühmt wurden« von Tobias Rausch und Claudia Wiedemer im Gemeindesaal Moabit. Bei der Koproduktion mit den Sophiensaelen (zur Zeit Baustelle) und LOFFT Leipzig, gefördert u.a. vom Hauptstadtkulturfonds, geht es darum, sich mit Scham auseinander zu setzen, während Schadenfreude gesellschaftlich gepflegt wird. Die Schwestern kommen dabei nicht auf unselige Talente-Shows. Die hat jeder vor Augen, ebenso die Wahlkampfzeit, in der eine Peinlichkeit die andere jagt. So bleiben Claudia, Isabel, Angela und Monika Wiedemer - inzwischen erfolgreiche Schauspielerinnen und Musikerinnen - auf privater Ebene. Jedenfalls, soweit man das von solch einer Schlappe sagen kann. Bei der dokumentarischen wie musikalischen Exorzismus-Performance wird auf Drängen der im Geiste anwesenden damaligen Managerin Britta die alte Peinlichkeit ausgetrieben (Text: M. Luxinger). Angelegt als öffentliche Beichte, die in den Gemeindesaal mit Kirchengeruch passt.
Die alte Geschichte wird durchgespielt. Die Frauen singen und musizieren wunderbar miteinander, machen die hintersinnige »Austreibung« zu fröhlichen zwei Stunden. Dann schwebt das Zelt, in dem sie sich anfangs singend verschanzten, an die Decke. Ach du Schande hin, ach du Schande her. Erledigt.
(Lucia Tirado/Neues Deutschland, 27.08.2011)