VERSCHWÖRER

»VERSCHWÖRER« ist packend. Denn nach der Uraufführung von Tobias Rauschs so genannter Untersuchung "Verschwörer - Wie wirklich ist die Wirklichkeit?" ist sich wohl keiner mehr wirklich sicher, wie es sich denn mit der Wirklichkeit da draußen so verhält. Nur eins ist nach 100 Minuten Theater gewiss: Die Untersuchung ist geglückt - weil die vier Schauspieler so stark sind und es ihnen spielerisch gelingt diesem großen Lebens-, Stimmen- und Textwirrwarr Leben einzuhauchen. Ein Wahnsinns-Stück.
Die Bühne ist weiß gekachelt. Nur durch einen Schlitz - der über einen großen roten Buzzer zu öffnen ist - kann die Welt da draußen herein - zu ihren vier Insassen, den Verschwörern. Großes Kompliment an Bühnenbildner Michael Böhler für dieses kühle Irrenhaus-Zoo-Käfig-Labor. In diesem abgeschlossenen Raum entwickelt sich das so facettenreiche Spiel der vier in grauer Anstalts-Kleidung (Kostüme: Stefanie Klie) steckenden Schauspiel-Verschwörer - von denen wechselseitig einer in einem Gorilla-Kostüm steckt und den Irrsinn des Lebens so noch realer werden lässt.
Wie Giebeler und Huckle, Pleva und El-Saeidi sich in all diese vielen Rollen, diese Textmengen hineinstürzen und -wühlen, ist bewundernswert. Ihre ihnen in jeder Szene anzusehende Spielfreude, ihre unglaubliche Wandelbarkeit, ihre Lust an den Rollen treibt das Stück vorwärts. Wirklich ein starker Theaterabend - das ist gewiss nach diesen hundert Minuten.
(Neue Westfälische, 16.04.2013)

Die vier Schauspieler lassen die Geschichten ineinander gleiten, indem sie ständig in neue Figuren schlüpfen und die Bühne von Szene zu Szene umbauen. So ergibt sich ein vielfältiges Panorama aus Verschwörungen, Lügen und der Frage, wie wirklich die Wirklichkeit eigentlich ist, die uns offiziell verkauft wird. Was nicht diagnostiziert und damit rational erklärt werden kann, wird häufig als abnormal, als verrückt abgestempelt. In dieser entzauberten Welt, in der man alle Geheimnisse lüften will, erscheint die Wirklichkeit sehr reduziert (...). Die große Antwort, was Wirklichkeit ist, liefert "Verschwörer" nicht. Das Stück ist vielmehr ein hochklassiges Plädoyer dafür, sich erst einmal selbst zu befragen: Was verstehe ich unter Wirklichkeit? Wann habe ich eine Situation erlebt, in der diese Wirklichkeit ins Wanken geraten ist? Und wie stehe ich dazu?
(WDR 3 Kultur, 14.04.2013)

Auf der Bühne lässt der Regisseur die vielen einzelnen Geschichten fließend ineinander übergehen. Manches wird erst angerissen und später aufgeklärt. Actionreicher Klamauk - etwa wenn ein Affe Bananen einsammelt - wechselt mit eindringlichen Erzählpassagen, lautes Slapstick-Tohuwabohu mit leisem Stillstand, Ernsthaftes mit Skurrilem.
Den vier Akteuren gelingt der ständige Tempowechsel mühelos. Eine starke Leistung aller, die zurecht mit viel Applaus bedacht wurde.
(Die Glocke, 15.04.2013)

Da prallen moderne Mythen auf Familiengeheimnisse und den Skandal um die Braker Giftmülldeponie, Korruption und Menschenhandel auf Verschwörungstheorien zur Mondlandung, zum Kennedy-Attentat, zum 11. September - und zur Bielefelder Ampelschaltung. Die vier Akteure wechseln scheinbar mühelos und mit vollem körperlichen Einsatz von einer Rolle in die andere. Die Bühne von Michael Böhler ist die Matrix des Lebens, die Requisiten, die auf Knopfdruck erscheinen, sind nichts anderes als Pappen, die nur vorgeben, Bananen oder Tassen oder Flaschen oder Salat zu sein. Zwischen den Szenen herrscht ein munterer Wechsel zwischen berührenden, tragischen Erlebnissen (oder solchen, die zumindest wahr sein könnten) und Fabeln, die schnell bei der Hand sind, um Unerklärliches und Undurchschaubares verständlich zu machen.
(Westfalen Blatt, 15.04.2013)